Skip to main content

Falsch, fälscher, am falschesten – vom korrekten Steigern und Vergleichen

Heute soll es um Adjektive gehen, diese kleinen Beiwerke, die einen Text zum gedanklichen Kurzurlaub machen können. Denn der Gebrauch der kleinen Helfer zur bildhaften Sprache, die uns in schier unbegrenzter Vielfalt zur Verfügung stehen, birgt auch einige Stolperfallen.

Liebe Textbroker-Autorinnen und liebe Textbroker-Autoren,

heute soll es um Adjektive gehen, diese kleinen Beiwerke, die einen Text zum gedanklichen Kurzurlaub machen können. In diesem Tutorial sind wir schon näher auf ihre Wirkung eingegangen: „Die Provence ist bekannt für ihre schönen Lavendelfelder. Dieser Satz erzielt nicht den gleichen Effekt beim Leser, wie wenn Sie schreiben: Entlang der kleinen gewundenen Straße entfaltet sich ein unendliches Meer aus wogenden, blau-violetten Blüten, eingehüllt in einen fein-herben Duft.”

Kleine Helfer zur bildhaften Sprache

Doch der Gebrauch der kleinen Helfer zur bildhaften Sprache, die uns in schier unbegrenzter Vielfalt zur Verfügung stehen, birgt auch einige Stolperfallen. Schon die Bildung der Vergleichsformen des geläufigen Adjektivs gut ist oftmals problematisch (nicht: *am Besten). Eine Person kann als so schlau wie eine andere, sehr schlau, nicht schlau, schlauer als eine andere oder auch am schlausten innerhalb einer bestimmten Gruppe von Personen beschrieben werden.

Mit der richtigen Wahl zwischen als oder wie ist hier schon die erste Hürde zu überwinden. Bei Bedarf lesen Sie in diesem Tutorial mehr dazu.

Zunächst zur trockenen Theorie: Beim Vergleich von Personen, Lebewesen, Dingen oder Sachverhalten usw. lassen sich 3 Stufen ausmachen – Positiv, Komparativ und Superlativ:

            Positiv            (Grundstufe, gleicher Grad):                            gut, klug, schnell, groß

            Komparativ   (Mehr- oder Höherstufe, ungleicher Grad):    besser, klüger, schneller, größer

            Superlativ      (Meist- oder Höchststufe, höchster Grad):     beste, klügste, schnellste, größte

Wie Sie die Vergleichsformen richtig bilden

Die Vergleichsformen werden wie Adjektive kleingeschrieben: Deshalb ist und bleibt *am Besten falsch. Der Komparativ setzt sich aus der Grundstufe + -er (klüg-er), der Superlativ durch Anhängen von -(e)st (klüg-ste/ält-este) zusammen. Jede Steigerungsstufe hat neben der deklinierten Form auch eine undeklinierte Form. Im Positiv und im Komparativ entsprechen diese den deklinierten Formen, im Superlativ ist es die Form mit am + -en (am besten, am klügsten, am schnellsten):

    Dieser Text ist am besten. Diese Schülerin ist am klügsten. Von allen Läufern lief er am schnellsten.

Einige Adjektive werden mit Umlaut gebildet, zum Beispiel alt – älter – älteste, grob – gröber – gröbste oder dumm – dümmer – dümmste. Bei manchen gibt es Vergleichsformen mit oder ohne Umlaut, etwa bang (banger/bänger), blass, fromm, glatt, karg, krumm, nass, rot oder schmal. Außer bei rot und fromm setzen sich in der Standardsprache immer mehr die Formen ohne Umlaut durch.

Deshalb sollten Sie sich im Zweifel für die nicht umgelautete Form entscheiden. Am besten vergewissern Sie sich aber noch einmal durch einen kurzen Ausflug auf die entsprechende Seite des Online-Duden.

Finstrer und dunklerer – einige Ausnahmen

Bei der Bildung des Komparativs müssen Sie außerdem auf die Endung der Adjektive achten, bei manchen fällt das unbetonte e in der Endung weg:

Ohne e bei Endung auf -el:

  • Das edlere Bier ist dunkel. Doch das dunklere ist nicht immer edler. (nicht: *edeler/dunkelere)

Mit oder ohne e bei Endung auf -er/-en:

  • Der Abend schien finstrer/finsterer zu sein als sonst. Es folgte dafür ein umso heitrerer/heitererer Morgen.

Aber immer ohne e bei au, eu, oder ei – also einem Diphthong – vor dem -er:

  • Das teurere Kleid nehmen. Das saurere Getränk bevorzugen. (nicht: *teuerere/sauerere)

Achtung auch bei Adjektiven, die auf d enden: Das d bleibt auch beim Steigern immer erhalten. So kann nur von dem bewegendsten Moment, nicht aber vom *bewegensten die Rede sein. Genauso verhält es sich etwa bei ergreifend, herzzerreißend oder bedeutend.

Dichtmaschig und schwerwiegend – zusammengesetzte Adjektive

Als Grundregel gilt hier, dass immer nur ein Bestandteil gesteigert wird:

entweder der erste Bestandteil:

  • einer höchstgestellten Persönlichkeit in dem am dichtesten bevölkerten Land in bestmöglicher Weise die Ehre erweisen.

oder (seltener) der zweite Bestandteil:

  • sich eine dichtmaschigere Strumpfhose in altmodischstem Stil heraussuchen.

oder entweder der erste oder der zweite Bestandteil:

  • schwerer wiegende oder schwerwiegendere Gründe für weiter gehende oder weitgehendere Maßnahmen haben und eine näherliegende oder naheliegendere Lösung suchen.

Falsch ist es, beide Bestandteile zu steigern:

            höherwertige              (nicht: *höherwertigere)

            nächstliegende            (nicht: *nächstliegendste)

            größtmögliche            (nicht: *größtmöglichste)

            schnellstmögliche       (nicht: *schnellstmöglichste)

            bestbewährte              (nicht: *bestbewährsteste)

            meistgekaufte              (nicht: *meistgekaufteste)

einzigste und vollste – Wann ist Steigern noch sinnvoll?

Grammatisch sind von fast allen Adjektiven Vergleichsformen denkbar – aber manchmal sind sie inhaltlich sinnlos, wer kann schon *töter als tot sein? Und wer ist *am tötesten? Hier einige Sonderfälle, bei denen Sie die Bildung der Vergleichsform lieber zweimal überdenken sollten. Unüblich sind etwa Steigerungen bei Adjektiven, die unveränderliche Eigenschaften beschreiben:

Sie fanden nur seine sterblichen Überreste. Seine Urne war viereckig. Wer sollte das väterliche Geschäft übernehmen? Er hinterließ kein einziges schriftliches Zeugnis.

Genauso werden Adjektive, die bereits einen höchsten oder geringsten Grad bezeichnen üblicherweise nicht gesteigert:

Für uns spricht vor allem unser erstklassiger (nicht: *erstklassigster) und vollendeter (nicht: *vollendetster) Service, den wir individuell (nicht: *am individuellsten) auf Ihre Bedürfnisse anpassen. Damit Sie optimal (nicht: am optimalsten) vorbereitet sind und maximal (nicht: am maximalsten) performen können!

Soll der höchste oder geringste Grad jedoch noch weiter verstärkt werden, werden diese Adjektive gelegentlich trotzdem gesteigert:

Unter extremsten (besser: extremen) Bedingungen und mit minimalstem (besser: minimalem) Verbrauch konnten wir das Projekt zu unserer vollsten (besser: vollen) Zufriedenheit beenden.

Besonders das in Arbeitszeugnissen übliche zu vollster Zufriedenheit ist – auch juristisch – stark umstritten. Unser Tipp: Schreiben Sie besser sprachlich korrekt und steigern Sie lieber einmal zu wenig als zu viel. Sie beweisen damit Ihr Sprachverständnis – ein guter Text überzeugt auch ohne zu dick aufzutragen.

Adjektive wie leer oder still bezeichnen zwar ebenso einen maximalen Grad, lassen sich aber in relativer Bedeutung gut steigern:

  • Der Saal ist leerer als bei der letzten Veranstaltung. Die stillsten Stunden der Nacht.

Auch in übertragener Bedeutung kann bei vielen Adjektiven eine Steigerung doch sinnvoll sein:

  • Die Stadt wirkt lebloser als gestern. Väterlicher als er war keiner. Das ist der schwärzeste Tag in der Geschichte.

Nicht steigerbar sind auch zusammengesetzte Adjektive wie steinreich, blutjung, dunkelblau oder kaffeebraun, nicht flektierbare Farbadjektive wie rosa und lila, Zahladjektive (letzt, einzig) sowie solche, die eine Verneinung enthalten, etwa unrettbar oder ungelöst. Jedoch gibt es auch hier wieder einige Ausnahmen, etwa Formen wie unordentlicher, unempfindlicher oder zwangloser. Auch hier sollten Sie vor Gebrauch abwägen, im Zweifel liegen Sie bei der nicht gesteigerten Form richtig (und nicht: *richtiger).

Der stärkere oder stärkste von beiden?

Hier hat sich der Gebrauch der Sprache gewandelt. Der Duden führt als Beispiel ein Zitat von Goethe auf:

„Wir wollen sehen, welcher Genius der stärkste ist, dein schwarzer oder mein weißer.”

Was früher noch dichterischen Federn entsprang, gilt heute als falsch. Der Superlativ (stärkste) ist nur dann angebracht, wenn ein Ding oder Lebewesen mit mehreren anderen verglichen wird. Bei beiden werden aber nur zwei Personen miteinander verglichen und nur der Komparativ ist korrekt (stärkere). Richtig sind also diese beiden Sätze:

  • Wer ist der stärkere von den beiden?
  • Wer ist der stärkste von den dreien?

Mundarten weichen gerade in der Verwendung von Adjektiven oftmals von der Standardsprache ab. Egal, ob Sie babbeln, schwätzen oder schnacken: Ihre Texte für Textbroker sind meist für eine überregionale Leserschaft gedacht – Sie sollten sie deshalb standardsprachlich verfassen; im Zweifel lohnt sich immer ein Blick ins Wörterbuch.

Sie wollen Ihren Wissenszuwachs noch weiter steigern? Hier haben wir uns schon einmal mit dem Thema befasst. Oder haben Sie genug von Adjektiven und möchten anderweitig sinnvoll prokrastinieren? Dann sei Ihnen das Beat-the-prof-Quiz der Zeit empfohlen. Viel Spaß damit und bleiben Sie unter den Besten!

Ihr Textbroker-Team


Kommentare

173452 12. Juli 2016 - 10:03

Das eingehüllte Meer, das sich entfaltet, ist in der Tat zu schön. Das kann man gar nicht oft genug zitieren, pardon: oftmals genug zitieren.

Antworten

284666 12. Juli 2016 - 18:37

Gut gemeint und auch durchaus informativ. Aber autsch, aufgepasst:  "Dieser Satz erzielt nicht den gleichen Effekt beim Leser, wie wenn Sie schreiben:" Muss heißen "als wenn sie schreiben".

Hmm….

Nichts für ungut. Korrekt ist halt am besten. 🙂

 

Antworten

114481 12. Juli 2016 - 20:32

 "wie wenn Sie schreiben" ist  in der Form schon korrekt; denn der Vergleich steht im Vordergrund, weil beide Verben im Indikativ verwendet werden und somit das "wie" rechtfertigen. Die absolut korrekte Variante mit "als" erfordert  den Konjunktiv: "als wenn Sie schrieben" – oder umgangssprachlicher, aber längst nicht so schön, "schreiben würden".

Denn "als" leitet immer eine andere Ebene ein. Sei es in Form eines Komparativs nach dem Positiv, oder eben – nach dem Indikativ – als Konjunktiv. 

Insgesamt ist der Artikel aber sehr lesenswert – auch und gerade für erfahrene Texter und Texterinnen. 

 

Antworten

284666 13. Juli 2016 - 6:53

Textbroker hat doch erst vor kurzem einen Artikel über den korrekten Gebrauch von "wie" und "als" veröffentlicht… Ich finde das "wie" nach wie vor falsch und stolpere beim Lesen regelrecht drüber, Vergleich hin oder her. Wie auch immer man das sieht, weder "wie wenn" noch "als wenn" ist eine schöne Ausdrucksweise. 

 

Antworten

284213 14. Juli 2016 - 7:56

 ..".Entlang der kleinen gewundenen Straße entfaltet sich ein unendliches Meer aus wogenden, blau-violetten Blüten, eingehüllt in einen fein-herben Duft.”…. 

Der Satz ist zweifelsohne stilistisch sehr schön. Er passt meiner Meinung aber eher in einen lyrischen Text. 

Heißt es sonst nicht eigentlich immer, dass kurze Hauptsätze bevorzugt geschrieben werden sollen? 

Antworten

59283 19. Juli 2016 - 21:16

"Entlang der kleinen gewundenen Straße entfaltet sich ein unendliches Meer aus wogenden, blau-violetten Blüten, eingehüllt in einen fein-herben Duft.”

Nee, also das passt – für mein Empfinden – alles gar nicht. Einerseits soll die Straße "klein" sein, andererseits gibt es da ein "unendliches" Meer, das sich dann auch noch "entfaltet", und dazu gibt es Blüten, die nur leider ihren Duft nicht verströmen dürfen, sondern in diesen "eingehüllt" sind – wieso denn, das unendliche Meer entfaltet sich doch gerade – oder gibt's da irgendwo einen Abnäher, den ich überlesen habe?

Und eine Straße, die sich windet, ist eher länger als klein …

Die Provence ist bekannt für ihre schönen Lavendelfelder." Das gefällt mir eindeutig besser als ein zwanghaftes "Show, don't tell."

 

 

Antworten

Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*

Managed-Service

Sie wollen komplette Textprojekte auslagern und hochwertige Qualitätstexte erhalten? Sie interessieren sich für weitere Content-Services wie etwa Suchmaschinenoptimierung nach WDF*IDF oder die Verwaltung Ihres Blogs? Dann lernen Sie unseren Managed-Service kennen und profitieren Sie von unserem Rundum-Sorglos-Paket.

Unverbindliches Angebot anfordern!

Self-Service

Sie benötigen aktuellen Text-Content? Im Self-Service können Sie Ihren Wunschtext schnell und einfach selbst beauftragen – und das zu Top-Konditionen.

Jetzt kostenlos registrieren!

Autoren

Tausende Autoren weltweit verdienen beim Pionier unter den Textbörsen Geld mit ihren Texten. Sie entscheiden selbst, wann und wie viel sie schreiben und können sich ein flexibles Einkommen sichern. Erfahren Sie hier, wie Sie Ihre Texte zu Geld machen.

Jetzt kostenlos registrieren!