Digitale PR und Seeding: Wie Inhalte ihre Wirkung im Netz entfalten
Warum digitale PR zum strategischen Seeding wird, erklärt Fionn Kientzler von Suxeedo in seinem Gastbeitrag.
Das sich ständig wandelnde Medienverhalten der Zielgruppen eines Unternehmens bedeutet auch einen Wandel der Unternehmenskommunikation. Insbesondere die Maßnahmen der klassischen PR funktionieren nicht länger im digitalen Raum. Durch die Demokratisierung der Medien werden die Rezipienten zu Produzenten; die klassische „One-Way”-Kommunikation ist längst nicht mehr relevant. Stattdessen stehen Unternehmen und Rezipienten in einem wechselseitigen Dialog miteinander.
Warum digitale PR zum strategischen Seeding wird
Seit 1991 sind die Auflagen der deutschen Tageszeitungen um insgesamt 12 Millionen Exemplare gesunken. Laut Social-Media-Atlas nutzen 80 % aller Internetnutzer Social-Media-Kanäle – primär, um sich zu informieren. Daher muss auch die Unternehmenskommunikation hauptsächlich digital stattfinden. Bedingt durch die Charakteristika der sozialen Medien entstehen aus dieser Entwicklung bestimmte inhaltliche und formale Anforderungen an die Kommunikation, damit sie von den Zielgruppen als relevant empfunden wird.
Abhängig vom Distributionskanal und dem Kommunikationsziel müssen bestimmte Aspekte bei den redaktionellen Prozessen, der Publikation und der Verbreitung der Inhalte beachtet werden. Denn Seeding ist die strategische Verbreitung und Positionierung von Inhalten gemäß den Bedürfnissen und Erwartungen der Rezipienten, je nach Publikations-Kanal. PR wird dabei zu einem Teilbereich des Seedings, welches eine holistische Distribution ins Auge fasst.
Während in der Vergangenheit der Begriff der PR vor allem mit Reputations-Management und Spin Doctoring assoziiert wurde, bedeutet Öffentlichkeitsarbeit heute, den Dialog mit der Zielgruppe zu suchen. Dies erfordert von Unternehmen eine umfassende, integrierte Kommunikation von bedürfnisorientierten Inhalten an allen relevanten Touchpoints der Zielgruppe. Zugleich müssen Unternehmen den Anspruch haben, mit ihren Inhalten einen Dialog zu initiieren; die „One-Way”-Kommunikation funktioniert nicht länger. Der User ist nicht nur Rezipient, sondern auch selbst Produzent von Content. Die sozialen Medien sind sein Publikations-Kanal; die Reaktion des Users ist maßgebend für die Autorität, Glaubwürdigkeit und Strahlkraft von Organisationen auf den Plattformen. Durch die Demokratisierung der Medien verteilen sich die Stakeholder eines Unternehmens crossmedial und sind ebenbürtige Gesprächspartner – egal, um welches Medium es sich handelt. Zunehmend gibt der User dabei den Ton an, weil Big Player wie Google oder Facebook ihren Algorithmus fortwährend an die Interessen der User anpassen. Denn im Zentrum allen Geschehens steht der Kampf um Aufmerksamkeit; in einer Welt voller Optionen werden Newsfeeds und Notifications an die individuellen Interessen des Einzelnen angepasst.
Moderne Public Relations stellt das User-Bedürfnis an erste Stelle
Es scheint, als wechselten die vorausgesetzten Standards und Erwartungshaltungen der User an den Inhalt mit jedem Distributionskanal. Damit ein digitaler Kanal herausstechen und relevant für eine Community erscheinen kann, muss eine Abgrenzung in der Methodik stattfinden. Beinahe jedes neue Online-Magazin und nachträglich auch bereits etablierte Online-Medien versuchen, die begehrten Social Signals zu generieren und Schnittstellen zu den großen sozialen Netzwerken zu schaffen. Unternehmen müssen sich darüber bewusst sein, welche Botschaften sie kommunizieren möchten und welche Message auf welchem Kanal wie funktioniert. Ob der Inhalt dann bei der Community ankommt, zeigt sich in der digital-sozialen Interaktion und dem User-Verhalten. Kein Unternehmen kann sich ein erfolgreiches Senden einer Botschaft erhoffen und gleichzeitig den Dialog mit der Community übergehen. Stattdessen muss bedürfnisorientierter Content dort platziert und verbreitet werden, wo die Zielgruppe nach Antworten sucht und die Chance hat, darauf zu reagieren.
Die Seeding-Strategie ist abhängig von den ökonomischen Zielen sowie den Kommunikationszielen, die das Unternehmen verfolgt. Denn dem Ziel sind Content-Format, Distributionskanal und Inhalt untergeordnet. Bereits in der redaktionellen Aufbereitung gemäß dieser Parameter wird das Fundament für den Seeding-Erfolg gelegt. Das Seeding-Potenzial definiert sich immer über das Zusammenspiel von Thema, Keyword der Zielgruppe, den Zielmedien und der Kooperation mit Multiplikatoren. Dabei ist die Schnittmenge zwischen dem Bedürfnis der Zielgruppe, dem Unternehmens-USP und dem redaktionellen Interesse der Zielmedien ein essentieller Hebel, welcher bei der Content-Konzeption berücksichtigt werden muss.
Um das Bedürfnis der Zielgruppe im digitalen Raum zu ermitteln, werden fundierte Recherchen und Auswertungen zum Verhalten der User auf bereits existierenden, themenverwandten Seiten durchgeführt. Ebenfalls wichtig sind Keyword-Recherchen, die Themen-Potenziale und konkrete Bedürfnisse der Zielgruppe offenbaren. Dies ermöglicht die Produktion von herausragendem Content, dessen Mehrwert für den User relevant und wahrnehmbar ist. Erst dann können potentielle Medienpartner akquiriert werden, die durch den einzigartigen inhaltlichen Mehrwert ihr eigenes redaktionelles Angebot aufwerten können. Seeding-Content muss also zuerst aus der Perspektive des User-Interesses gedacht werden, bevor die Meinung und das Interesse des Unternehmens das Format prägen können.
Die veränderten Ansprüche erfordern ein gezieltes Seeding
Der Seeding-Prozess leistet, was die klassische PR nicht zu leisten im Stande ist: Die Ergebnisse einer digitalen Kampagne sind messbar, Stellschrauben lassen sich identifizieren und eine fortlaufende Optimierung der Maßnahmen ist möglich. Gleichzeitig verlängern sich die Laufzeiten von Kampagnen, da mehr in die Erstellung von hochwertigen Inhalten investiert wird, und diese auf eine langfristige Relevanz hin konzipiert werden. Meldungen und Neuigkeiten sind als Ergänzung in der Unternehmenskommunikation zu betrachten. Der harte Kern wird sich um komplexere High-Quality-Formate wie E-Books, Studien oder Whitepapers drehen, welche nachträglich vielfältig verwertbar und editierbar sind. Dementsprechend sorgfältig und systematisch muss die digitale Distribution stattfinden, die den Bereich der klassischen PR mit einem Sales-Prozess verknüpft und sich in vier Schritten erklären lässt:
- Outreach: Die Medienrecherche nach potentiellen Multiplikatoren für den Seeding-Content bildet die Grundlage für die proaktive Kontaktaufnahme mit den verantwortlichen Redakteuren. Die Interessenten werden wie Leads behandelt und in ein CRM-System eingepflegt. Der Kontakt sollte dabei per Telefon geschehen, da die Kooperation auf einer persönlichen Ebene initiiert werden kann und den Beteiligten so ein Gefühl von Verbindlichkeit vermittelt.
- Acquisition: Die gewonnenen Leads werden bezüglich ihrer Wertigkeit für die Seeding-Kampagne priorisiert; der Gesprächsverlauf wird dokumentiert. Die Datensätze dienen als Indikator, wie viel Mühe und Investment der Kontakt wert ist. Dabei spielen die Relevanz des Mediums für die Zielgruppe, der Multiplikationseffekt sowie das Backlink-Potenzial wichtige Rollen.
- Deliverables: Nach der Publikation wird das Ergebnis der Kooperation in Verhältnis zum Investment gesetzt. Platzierung, Erwähnung und Verlinkung sowie die Resonanz durch die User sind wichtige Bewertungskriterien. Sie helfen bei der Einschätzung von zukünftigen Maßnahmen in Kooperation mit den entsprechenden Medien.
- Measurement: Der Outcome der einzelnen Kooperationen ist skalierbar und ermöglicht eine beständige Optimierung von laufenden Kampagnen. Streueffekte werden somit vermieden und der Effekt einzelner Maßnahmen präzise gemessen, was zu einem transparenten Reporting gegenüber den Auftraggebern führt. Durch das Monitoring können zudem Multiplikatoren-Cluster identifiziert werden.
Digitale Kommunikation lebt von Synergie-Effekten
Im Seeding wachsen Content-Marketing, PR, Corporate Publishing und SEO zusammen. Dies erfordert ein Umdenken bezüglich Unternehmensstrukturen und der Zusammenarbeit zwischen einzelnen Abteilungen. Denn Seeding macht die Unternehmenskommunikation zu einer zentralen Ebene, welche einen direkten Einfluss auf das Unternehmenswachstum hat. Die Messbarkeit der Kommunikation, die wirtschaftliche Analyse von Kampagnen und die strategische Verknüpfung mit dem kommerziellen Angebot eines Unternehmens rücken die Kommunikationsziele deutlich näher an die ökonomischen Ziele – die Interdependenz der Bereiche wird immer stärker. Der Seeding-Erfolg ist dabei wesentlich abhängig vom Mehrwert-Verständnis der Kommunikationsverantwortlichen und der Auseinandersetzung mit dem User-Bedürfnis. Erst dann können die relevanten Inhalte entwickelt und die Formate an strategisch wertvollen Touchpoints mit der Zielgruppe platziert werden.
Fazit
Digitale PR ist zu einem Teilbereich des Seedings geworden, welches das zentrale Instrument der strategischen Verbreitung von Inhalten im Netz darstellt. Um Multiplikationseffekte durch Kommunikation zu generieren, müssen bedürfnisorientierte Inhalte proaktiv an den relevanten Touchpoints der Zielgruppe platziert werden. Vor allem die Kooperation mit Influencern aber auch Content, der die User zur Interaktion anregt, verleiht der Reichweite Schwung. Das Potential von Inhalten kann sich also erst entfalten, wenn sie mit Blick auf den User erstellt und verbreitet werden; der Mehrwert für den Rezipienten ist primär, die Message des Unternehmens sekundär.
Über den Autor:
Fionn Kientzler ist Managing Partner bei Suxeedo, einer auf Seeding und Content-Entwicklung spezialisierten Agentur. Suxeedo hat bisher über 300 Seeding-Kampagnen für Deutschlands größte Internet-Plattformen, darunter DAX- und Fortune-500-Unternehmen, umgesetzt. Zudem ist Kientzler Dozent für Content-Marketing an der Ludwig Maximilians Universität München und seit Jahren Speaker zu den Themen Seeding und Content-Marketing auf Konferenzen wie dem Content World Forum, der MeetMagento oder der Campixx Week.
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Kommentare
Lisa 29. November 2018 - 16:51
mit vollem Interesse gelesen, besten Dank!