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Das verloren geglaubte „Eszett“

Nach der Rechtschreibreform hielt manch einer das "Eszett" für ausgestorben. Wie es um diesen ganz besonderen Buchstaben der deutschen Sprache bestellt ist und wann er zum Einsatz kommt, wollen wir in der aktuellen Ausgabe der Textbroker Academy klären.

Selbst erfahrene Texter sind sich manchmal nicht ganz sicher, ob ein Wort mit „ss“ oder „ß“ geschrieben wird. Weit verbreitet ist bei manchen gar der Irrglaube, seit der Rechtschreibreform gäbe es den Buchstaben „ß“ nicht mehr. Zwar kommt er heute seltener zum Einsatz, von der Bildfläche verschwunden ist er aber noch lange nicht. Die aktuelle Ausgabe der Textbroker Academy soll Ihnen deshalb die nötigen Regeln an die Hand geben, um die oft knifflige Entscheidung „ß oder ss?“ sicher treffen zu können.

Ein Buchstabe nur für eine Sprache

Das "ß" hat es heute wirklich nicht leicht. Ursprünglich aus einer Verbindung (Ligatur) von Anfangs- und Schluss-s der deutschen Frakturschrift entstanden, ist es die einzige Letter, welche nur in der deutschen Sprache vorkommt. Seit 1906 ist sie jedoch zumindest bei unseren Nachbarn in der Schweiz zunehmend in Vergessenheit geraten und dort 2006 sogar ganz abgeschafft worden: So kommt das Eszett auf Schweizer Tastaturen nicht vor. Als Großbuchstabe ist es, mangels häufigen Bedarfs, aktuell nicht in unserem Alphabet zu finden. Wenigstens im internationalen Standard für Computerzeichensätze (Unicode) hat es das "ß" mittlerweile zum Großbuchstaben geschafft. Auch manche Schriftfonts enthalten bereits ein großes „ß“. Auf dem Bild sehen Sie den Buchstaben in Aktion:

Abbildung versales Eszett über kleinem Eszett

Allerdings ist das versale „ß“ noch kein Bestandteil der gültigen deutschen Rechtschreibung. Da das "Eszett" also immer noch oft zu kurz kommt, sollten ihm doch wenigstens unsere deutschen Textbroker-Autoren etwas Aufmerksamkeit schenken!

"ss" oder "ß"?

Wie wichtig die korrekte Unterscheidung zwischen doppeltem "s" und "ß" im geschriebenen Text ist, zeigt sich nicht zuletzt auf dem Oktoberfest: Dort besteht der waschechte Münchner regelmäßig vehement darauf, seine "Mass" Bier auf jeden Fall mit doppeltem "s" zu schreiben, während die außerhalb Bayerns gebräuchliche Schreibweise ein "ß" vorsieht. Zu diesem Phänomen kommt es in der Sprache der Dichter und Denker, da die Schreibweise der s-Laute oft nicht anhand ihrer Aussprache selbst erkennbar ist. So ist akustisch auch mit Mühe kein Unterschied zwischen den s-Lauten in Fluss und Fuß auszumachen.

Um "ss" und "ß " unabhängig von regionalen Ausnahmefällen richtig zu verwenden, sollten Sie grundsätzlich darauf achten, ob der S-Laut stimmlos oder stimmhaft ist und ob er auf einen langen oder kurzen Vokal folgt.

Ist der s-Laut stimmlos und folgt auf einen langen Vokal, schreibt man "ß".
Zum Beispiel: "Maßeinheit", "Maße", "Floß", "Gruß", "Blöße"

Ebenso schreibt man "ß", wenn der stimmlose s-Laut auf einen Doppellaut (Diphthong) wie au, äu, eu und ei folgt.

Beispiele:
"Ich weiß es nicht"
"Alle außer ihr"
"Sie äußerte sich positiv"
"Preußische Pickelhaube"

Natürlich bestätigen auch in der deutschen Rechtschreibung Ausnahmen die Regel:
Bleibt der s-Laut in den verschiedenen Beugungsformen des Wortes nicht immer stimmlos, schreibt man "s".

Beispiele:
"Haus" (stimmhaftes "s" in Häuser)
"Gras" (stimmhaftes "s" in Gräser)
"er brauste" (stimmhaftes "s" in brausen)

Etwas simpler ist die Regel zur Verwendung des Doppel-s: Ist der s-Laut stimmlos und folgt auf einen kurzen Vokal, schreibt man "ss". Zum Beispiel: "Fluss", "Klasse", "Masse", "hassen", "essen", "misslungen". Genauso schreibt man natürlich nach der neuen Rechtschreibung die Konjunktion "dass" zur Einleitung eines Nebensatzes mit Doppel-s.

Wörter, die mit "–nis" enden, wie etwa "Zeugnis" und "Geheimnis", enden grundsätzlich nur mit einem "s".

In einem Ausnahmefall haben typografische Regeln sogar Vorrang vor den sonst geltenden Rechtschreibregeln: Wird ein Wort in Großbuchstaben (Versalien) geschrieben, wird das "ß" zu "SS" ("STRASSE" statt "Straße"). So soll vermieden werden, dass das „scharfe S“ mit einem "B" verwechselt wird: Schließlich ist besonders für Besucher aus dem Ausland die Verwechslungsgefahr beider Buchstaben groß.

Wir hoffen, dass wir Ihre Sattelfestigkeit bei der Verwendung unseres „deutsch-exklusiven“ Buchstabens noch ein wenig erhöhen konnten und wünschen Ihnen viel Freude beim Texten!

Ihre Textbroker Academy


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